Leseandacht 23. Sonntag nach Trinitatis

Leseandacht 23. Sonntag nach Trinitatis

Leseandacht 23. Sonntag nach Trinitatis

# Andacht

Leseandacht 23. Sonntag nach Trinitatis

Mit Kinderaugen sehen lernen  

Jetzt ist es wieder soweit. Kinder jeden Alters sind in unseren Orten unterwegs. Gruselig verkleidet, ziehen sie von Haus zu Haus. Mit Körben und Sprüchen bewaffnet und ohne Scheu vor dem Klingelknopf. Ihr Magen verlangt nach süßen Speisen. Und wer nichts gibt, wird schon sehen, was passiert... Doch damit nicht genug. Wenige Tage danach erscheinen sie erneut. Diesmal mit Fackeln und Laternen in den Händen. Große Scharen ziehen durch die Straßen und die Luft ist angefüllt von Musik und Kinderrufen. Was ruft das in ihnen hervor? Gehören Sie zu denen, die das ruhig und gelassen ertragen, weil vielleicht auch die eigenen Kinder oder Enkel dabei sind? Oder nehmen sie lieber die Klingel vorausschauend außer Betrieb, lassen die Rolläden runter und drehen die Lautstärke vom Fernseher höher? „Was für eine Unruhe und ein Radau“, heißt es da. „Reicht es nicht, dass sie in der Mittagszeit im Garten nebenan laut Fußball spielen oder den Linienbus nach Schulschluss in ein Tollhaus verwandeln?!“ Nun auch noch Halloween und Martins-Umzug. Hier trete ich einen Schritt zurück und lasse mich von einem anderen Blickwinkel lenken. Ganz egal, ob ich mich über das laute Auftauchen von Kindern in diesen Tagen freue oder ärgere. Die eigentliche Frage ist doch, ob es sich nicht lohnt, immer mal wieder den Blickwinkel eines Kindes einzunehmen. Jesus war davon überzeugt, dass dies nicht nur gut, sondern das einzig richtige ist. Nach seiner Ansicht werden nur die, die innerlich wie Kinder sind, das Leben und Gottes Wirken neu entdecken. Was er damit meinte? Vielleicht den Mut, im Moment zu leben und weniger nach dem Morgen zu fragen. Und ganz sicher, vertrauensvoll in dieser Welt unterwegs zu sein und dabei weniger den inneren Vorbehalten zu folgen als einer kindlichen Offenheit für Neues. Dabei muss ich an meine 80jährige Nachbarin denken. Neulich, als sie wieder einmal auf dem Friedhof war, ging sie an einem großen Haufen voller Laub vorbei. Herrlich sah er mit seinen bunten Blättern aus, fast wie ein riesiges Trampolin. „Soll ich, oder nicht?“, dachte sie noch bei sich, bevor sie sich kurz nach unliebsamen Augen umsah und dann voller Lust in diesen Haufen sprang. Als sie mir davon erzählte, sah ich in lachende Augen. Wie gut das tut, für einen Moment nur im Hier und Jetzt zu sein und mich für das zu öffnen, was gerade meinen Weg kreuzt - ganz egal, ob an Halloween, St. Martin oder bei einer anderen Gelegenheit.      

Ihr Pfarrer Georg Schmidt Ev. Kirchspiel Falkenstein/Harz

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