02/07/2024 0 Kommentare
Gönnen - Mein Wort für 2024
Gönnen - Mein Wort für 2024
# Andacht
Gönnen - Mein Wort für 2024
Ich habe seit ein paar Monaten eine Zahnspange. Warum und was sich daraus ergibt ist auch mal einen Artikel wert, aber eins muss ich heute schon loswerden.
Kennen Sie solche oder ähnliche Situationen: Es sind Herbstferien. Du siehst dir die Statusmeldungen an und alle scheinen auf der ganzen Welt unterwegs zu sein, nur du sitzt zu Hause, vielleicht noch drei Tage bei Oma und Opa. Du liest die Zeitung und siehst, dass es im Nachbarort ein neues Spielgerät gibt, oder ein neues Auto für die Feuerwehr oder, dass die Reparatur der Orgel vollendet ist. Deine Gemeinde wartet immer noch auf eine Reaktion auf den Antrag. In den Nachrichten haben sie verkündet, dass es eine Rentenerhöhung gibt und dass die Tarifverhandlungen der Gewerkschaft eine Lohnerhöhung brachten, aber wieder nichts für dich.
Wenn es solche Situationen gibt, dann werden meine Lippen ganz schmal und jetzt kommt die Zahnspange ins Spiel: seitdem ich die habe, merke ich, wenn ich die Lippen zusammenkneife. Und ich musste feststellen, das passiert oft. Wie furchtbar.
Warum freue ich mich nicht mit? Warum denke ich gleich, mir fehlt dadurch etwas? Neid? Sehnsucht? Beachtung? Das fällt da bestimmt alles mit rein. Leider. Aber ich möchte das nicht. Ich möchte mich mitfreuen. Und nicht, dass Sie denken, ich bin eine olle Neidziege, nein, ich freue mich wirklich ganz oft. Aber ich möchte mehr. Ich möchte nicht meine Zahnspange fühlen. Ich will mich durch die anderen bereichern lassen. Da sind Ideen, da ist Kraft, da sind neue Orte und Dinge, die man kennenlernen kann. Und ich liebe Menschen. Mit ihnen ist es einfach schöner als gegen sie. Ich will mitlachen.
Es ist besser für mich Es geht mir besser, wenn ich das Schöne sehe und wenn ich mich davon leiten lasse. Jedes Jahr habe ich für mich und meine Kirchengemeinde ein Wort, dass uns durch das Jahr begleiten soll. Wir schreiben es auf einen kleinen Zettel für die Brieftasche oder den Spiegel, den Schreibtisch – einfach da, wo ich tagsüber hingucke und wo ich im Alltag auf dieses Wort, auf das Thema, auf meine Challenge hingewiesen werde .Mein Wort für 2024: Gönnen. Also, meine Zahnspange weist mich drauf hin, wenn ich es vergesse und dann lache ich alle an mit meinen schönen geraden Zähnen.
Anne Bremer, Pfarrerin Ev. Kirchspiel Aschersleben
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