26/09/2024 0 Kommentare
Andacht zum Sonntag Michaelis
Andacht zum Sonntag Michaelis
# Andacht
Andacht zum Sonntag Michaelis
Caspar David Friedrich – Maler der Stille
Während ich diese Gedanken aufschreibe, zeigt mein Kalender den 5. September 2024 an. Ich sitze an meinem Schreibtisch und denke an den Maler Caspar David Friedrich, der – was für ein Zufall - am 5. September 1774, also auf den Tag genau vor 250 Jahren geboren wurde. Freilich hat zu dem Zeitpunkt noch keiner ahnen können, welche Bedeutung ihm einst in der Kunstgeschichte der Romantik zukommen würde. Erst vor einigen Wochen besuchte ich seine Geburtsstadt Greifswald, die in vielen seiner Werke abgebildet wurde. Ich weiß noch, wie ich selbst in meiner Greifswalder Studentenzeit von seinen Bildern so fasziniert und inspiriert war, dass ich mich mit Ölfarben, Flachpinsel und einer großdimensionierten breiten Holztafel versorgte, mich einige Kilometer vor der Stadt hinsetzte und eine Stadtansicht malte. Dieses Bild hängt jetzt bei meiner Mutter in Neubrandenburg, der Stadt, aus der auch Friedrichs Eltern stammten. Aber was fasziniert mich so, und was macht die besondere Wirkung vieler seiner Bilder aus? Es sind in den Landschaftsdarstellungen vor allem die Farben, insbesondere des Himmels. Angefangen von einem gedämpften Rot über Orange bis zu einem hellen Blau mit weichen Übergängen erzeugen die Farbverläufe eine ganz besondere Stimmung. Dies spiegelt sich auch in den Fenstern des Greifswalder Domes nieder, die der Künstler Olafur Eliasson in diesem Jahr aus Anlass des Caspar-David-Friedrich-Jubiläums schuf. Die Farben Rot über Orange nach Gelb im unteren Teil der Fenster symbolisieren das irdische Leben. Mittels eines sich entwickelnden geometrischen Musters, bei dem diese warmen Farben in immer kleiner werdenden Rauten nach oben hin sich entwickeln hin zu den Farben des Himmels, die in immer größer werdenden Kreisen leuchten, bis der obere Teil des Fensters schließlich im Blau erstrahlt. Die Rauten mit den vier Ecken – auch in vielen anderen Kirchenfenstern zu sehen - symbolisieren die Erde mit ihren vier Himmelsrichtungen. Die Kreise dagegen weisen auf das Ewige, Unendliche. So stehen die Farb- und Strukturverläufe für die ständige Veränderung des Lebens, das nach oben strebt und schließlich im himmlischen Blau der Ewigkeit unbegrenzt erscheint. Das Fenster im Ostchor des Greifswalder Domes und die Bilder Friedrichs bekommen auf einmal eine religiöse Dimension. Für den an Gott glaubenden Menschen kann dies den Blick dafür öffnen, dass das Leben mit seinen Höhen und Tiefen nicht begrenzt sein muss auf das, was man sieht und erlebt. Es ist doch ein guter Gedanke, dass es da einen Gott gibt, an den ich glauben kann, bei dem es keine Begrenzungen gibt.
Thomas Wiesenberg Kantor i.R.
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