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Geschichte schreiben | Kirchenkreis Egeln

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Geschichte schreiben

„Geschichte wird von jenen geschrieben, die ihre Helden gehängt haben.“
Mit diesen Worten beginnt der Film „Braveheart“. Und dann wird die Geschichte des
Schotten William Wallace erzählt. Ein Mann, der für die Liebe seines Lebens und für
die Freiheit seines Volkes gelebt und gekämpft hat.
Wenn ich aber diesen Satz vom Anfang des Films höre und wenn ich die Geschichte
dazu kenne, dann frage ich mich ganz ehrlich, ob ich überhaupt Geschichte
schreiben will?
Andererseits liegt es doch auch an mir selbst, wie meine Geschichte einmal
aussehen wird. William Wallace hat sich für etwas eingesetzt in seinem Leben – ja,
er hat sein eigenes Leben sogar dafür gegeben – für die Liebe und für die
Menschen, die ihm so wichtig waren. (Kommt mir schon irgendwie bekannt vor, dass
da jemand sein Leben gibt, damit die Menschen, damit wir das Leben haben… und
es in Fülle haben. Kann man in der Bibel nachlesen… im Johannesevangelium 10.
Kapitel und 10. Vers.)
Da stellt sich mir die Frage: Wie soll meine Geschichte aussehen? Wofür setze ich
meine Kraft ein? Wo hinterlasse ich Spuren in meinem Leben und auch im Leben
anderer Menschen? Spuren, die Geschichten von mir erzählen. Spuren – Eindrücke,
die anderen weitergeholfen haben. Spuren, die neue Wege aufzeigen.
Bei all den Wegen aber, die unsere Geschichten mit sich bringen, dürfen wir eins
nicht vergessen: Zu unserer Geschichte gehören immer auch andere dazu. Das
Leben ist keine Disziplin im Fach „Einzelkämpfer“. Da gibt es Menschen an unserer
Seite, mit denen wir unser Leben teilen und die uns Einblick in ihre Geschichte
geben; in das, was ihnen Sorgen macht; in das, worüber sie sich ärgern; in das, was
ihre Herzen vor Freude springen lässt.
Da sind Menschen, die Spuren in unserem Leben hinterlassen haben – die uns
geprägt und geformt haben.
Das Leben ist Beziehung.
Das erkennen wir nicht immer sofort. Meist sehen wir das erst, wenn wir einen
Zwischenstopp einlegen und auf unseren Weg zurückschauen. Erst dann können wir
sehen, wer uns bisher begleitet und gehalten hat, wenn es schwierig wurde.
Wer uns einen Wanderstock in die Hand gedrückt hat, wenn es anstrengend wurde.
Wer uns einen Teller Suppe angeboten hat, wenn mal wieder die Kraft gefehlt hat.
Oder wer einfach da war und zugehört hat.
Dann können wir auf unsere Lebens-Geschichte schauen und sagen: „Ja, genau
DAS haben wir zusammen geschafft!“
Und dann dürfen wir uns ruhig auch mal als Helden – als Sieger fühlen. Dann dürfen
wir feiern, dass wir wieder eine Etappe geschafft haben – zusammen mit anderen –
sozusagen als Team. Dann erkennen wir, dass wir schon Geschichte geschrieben
haben.
Sei es nacheiner gut überstandenen OP oder sei es nach fünfundzwanzig Jahren
Ehe oder sei es, wie bei der Mannschaft des Deutschen Basketballbundes am
vergangenen Sonntag, als sie sich den Weltmeistertitel geholt haben.
Nicht immer wird Geschichte von jenen geschrieben, die ihre Helden gehängt haben.
Manchmal nehmen auch die Helden selbst den Stift in die Hand und schreiben an
ihrer Geschichte mit.
In diesem Sinne wünsche ich uns allen, dass wir im richtigen Moment den richtigen
Stift für unsere ganz eigenen Geschichten zur Hand haben.
 
Ihr Martin Pickel, katholischer Gemeindereferent in Aschersleben, Bernburg, Schönebeck und Staßfurt