17.04.2025
Leseandacht zum Karsamstag
Eine Andacht über den tiefgreifenden Schmerz nach dem Verlust eines Angehörigen, die Hoffnung auf eine Zukunft und was das mit Ostern zu tun hat.
„Er ist tot.
Ich bin eigentlich nur noch Schmerz.
Wenn die Kinder nicht wären, ich weiß nicht, würde wahrscheinlich gar nicht aufstehen.
Es war ein Autounfall. Eigentlich war er nur zur Arbeit.
Ich habe mir mein Leben so nicht vorgestellt. Wir wollten die Kinder groß ziehen. Uns eine Zukunft aufbauen und irgendwann auf diese zurückschauen und gemeinsam alt werden.
. . . ich kann nur noch weinen und kann nicht mehr weinen. Ich bin froh, wenn ein Tag geschafft ist und froh, wenn die Nacht vorbei ist.
Ich bin froh, dass ich die Kinder habe, die mich am Leben halten und bin wütend, weil sie es tun.
Weiter. Ich bin 34, Fynn 10, Emma 6 – noch ein ganzes Leben ohne dich.“
Ich kenne diese Frau. Was will ich ihr erzählen? Sie glaubt nicht an Gott. Was will ich da mit Ostern? Wie will ich ihr sagen, dass sie nicht verzweifeln muss, sondern dass es für sie, ihre Kinder, für ihren Mann ein Weiter gibt? Wenn ich es erzähle von dem Tod am Kreuz, von der Trauer der Mutter, der Freunde und von dem Grab, was leer war, dann fragt sie, was das mit ihr zu tun hat. Ich versuche Parallelen zu ziehen, aber es ist alles zu wenig für sie. Sie ist zu traurig, zu gebrochen, zu verzweifelt.
Und ich bleibe. Ich denke an sie und schreib ihr dann. Ich bete viel. Ich erzähle ihr von Hoffnung, versuche zu trösten. Das Gute zu suchen, sie hinzuweisen auf das Schöne, was es gibt. Den Weg durchzuhalten. Bis sie irgendwann merkt, dass dieser Riesenstein, der alles wegschloss ein Stück zur Seite geschoben ist. Nie wird der Schmerz weg sein. Nie. Der Stein ist auch nicht vom Grab weg. Aber zur Seite geschoben. Es kommt Licht rein und man kann weiter gehen.
Vielleicht ist das Karsamstag. Den Schmerz aushalten bis die Andere wieder weiter kann. Die Hoffnung sehen bis die Andere sie auch wieder spüren kann. Ich versuche an ihr und an ihrem Schmerz dranzubleiben. Das tut weh und ist doch nur ein winziger Teil von dem, was sie spürt.
Gott, ich brauch Ostern, damit ich dableiben kann. Und ich bitte dich, pass auf sie auf. Halte sie fest und hilf ihr das Leben wieder zu finden.
Anne Bremer
Pfarrerin aus Aschersleben