16.02.2025
Leseandacht zu Septuagesimä
Pfarrer Johannes Beyer aus Schönebeck reflektiert in seiner Leseandacht über die winterliche Freude des Schneeschippens und zieht dabei Parallelen zur Gesellschaft.
Des einen Freud …
Am Donnerstag abend muss ich zu einer Teambesprechung nach Salzelmen. Draußen ist alles weiß, wie frisch überzuckert vom Schnee. Deshalb gehe ich zu Fuß durch die ganze Stadt. Selbst die ansonsten öden Straßen sehen jetzt schön aus. Am Freitag in aller Frühe ist dann Schneeschieben angesagt. Die erste Runde um die Jakobikirche ist herrlich. Bei der zweiten Runde gehts gerade noch so. Eigentlich ist es normal, dass es im Winter auch mal schneit. Viele warten sehnsüchtig auf ein paar Flocken. Andere fluchen, wenn auch nur ein weißes Flöckchen auf der Straße liegt. Und wenn dein Fußweg nicht ordentlich aussieht, hagelt es weiße Zettelchen vom Ordnungsamt.
Aber man kennt das ja: Des einen Freud ist des anderen Leid!
Wie wird es wohl am nächsten Sonntagabend aussehen in der politischen Landschaft Deutschlands? Weiß überzuckert wohl eher nicht! Vielleicht ein wenig dezentes Schwarz mit rotgrünen Flecken? Oder eine bunte Landschaft mit einem riesigen blauen Fleck? Oder wird Deutschland mit einer chaotischen rotgrünviolettblaugelbschwarzen Vielfalt auskommen müssen?
Einige Politiker werden vor der Kamera stehen und jammern: Das haben wir doch nicht verdient! Andere werden triumphierend lachen: Das habt ihr euch selbst zuzuschreiben. Jetzt zeigen wir euch, wie mal so richtig durchregiert wird!
Vor 35 Jahren waren die Kirchen (von manchen) gern gesehene Partner, als wir die Türen öffneten und uns auch zu politischen Themen äußerten. Heute kriegen wir als Kirchen gerne auch schon mal den Mund verboten, wir sollten uns doch gefälligst um unsere eigentliche Aufgabe kümmern. Ok, das tun wir sehr gerne: Ich lade an dieser Stelle herzlich ein zu den Gottesdiensten morgen und am Wahlsonntag. Und ich bin mir ziemlich sicher: Es würde uns allen gut tun, ein wenig mehr zu beten!
Dass im Wahlkampf jedes Thema sofort benutzt wird, um bei den Wählern zu punkten, ist logisch. Jeder mündige Mensch weiß das und kann auch damit umgehen. Seit einiger Zeit scheint der Wahlkampfmodus nun aber der Normalzustand zu sein und sachlich-fundierte Politik bleibt zu oft auf der Strecke. Und damit oft leider auch der Mensch. Und die Menschlichkeit!
Es ist höchste Zeit, dass wir uns wieder darin üben, menschliche Umgangsformen wie Höflichkeit und Toleranz zu pflegen. Es ist höchste Zeit, wirklich miteinander zu reden – dazu gehört allerdings auch das Zuhören, anstatt anderen permanent ins Wort zu fallen und ihnen meine Meinung lautstark überzuhelfen.
Jesus Christus hatte damals auf die Frage, was am Wichtigsten ist, geantwortet: Du sollst Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Denken. Das ist das Wichtigste. Aber genauso wichtig ist: Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst.
Ich finde es toll, dass wir Gott wählen und unser Kreuz bei der Mitmenschlichkeit machen können!