25.02.2024
Andacht zu Reminiszere
Morgen geht es in den Gottesdiensten um eine uralte Geschichte aus dem Alten Testament. Da wird von einer ehernen (eisernen) Schlange erzählt, die Mose in der Wüste aufrichtet.
Was war geschehen? Mose hatte das Volk Israel aus der Gefangenschaft geführt. Gott hatte geholfen. Er wollte – er will nicht, dass seine Kinder Gefangene sind. Nun sind sie frei - aber in der Wüste. Mit all den Plagen und Schwierigkeiten, die das ausmacht. Lange Wege, Hunger, Durst, eine ungewisse Zukunft, das Ziel weit weg. Wie immer in solchen Situationen kommt Unzufriedenheit auf, Murren, Meckern, Klagen: Du Mose oder du Gott bist schuld! Früher in Ägypten, da waren wir gefangen, aber wir wussten, woran wir waren! Gefangen aber satt… Früher war alles besser…
Kennen Sie das? Freiheit ist nicht leicht. Da muss man Verantwortung übernehmen, da muss man sich mühen, da muss man Durststrecken aushalten, da muss man Lösungen suchen für Probleme, die man früher nicht kannte. Das kann nicht jeder. Das bringt eine Gemeinschaft an ihre Grenzen. Da kommt es zu Konflikten. Da ist man schnell versucht einfachen Antworten, platten Parolen oder Rattenfängern zu folgen. So sind Menschen…Und darum geht es schief. In unserer Geschichte ist es eine Schlangenplage, die den Menschen das Leben noch schwerer macht. Gott -so wird es erzählt -hat sie geschickt. Schuld sind immer die Anderen, die Regierung oder im Zweifelsfall dann eben Gott. Die Geschichte erzählt aber auch von einem Gegenmittel. Mose soll eine eherne Schlange an einer Stange hoch aufrichten. Wer gebissen wird und sie anblickt soll leben.
Dazu gibt es eine Vielzahl von Deutungen. Eine sehr menschliche, quasi psychologische Deutung ist, dass wir, wenn wir immer nur angstvoll um uns blicken, hinter jeder Ecke, unter jedem Stein, in allem, was uns begegnet, feurige Schlangen und Gefahren sehen und uns nur noch mit uns selber und unserer Angst beschäftigen. Wir drehen uns dann im Kreis. Am Ende ist alles schlecht, ist alles gefährlich, gibt es keinen Ausweg mehr. Die Schlangen haben gleichsam ihr Gift verspritz. Wir sind zu Opfern der Situation und unserer Angst geworden. Aufzublicken- den Blick zu heben, genau an zu sehen, was uns Angst macht, es zu analysieren und nach wirklichen Lösungen zu suchen kann helfen. Im Deutschen kennen wir dazu die Formulierung „nicht wie ein Kaninchen vor der Schlange sitzen !“.
Theologisch gesehen heißt das, die eigene Schuld, das eigene Versagen in den Blick zu nehmen und frei zu werden für die Rettung, die von Gott kam und wieder kommen wird.
Die Christenheit hat die Geschichte typologisch auf Christus hin gedeutet. In Ihm und an Ihm - am Kreuz sehen wir uns, in Seinem Leiden sehen wir unser Leiden, in Seiner Angst, Not und Pein, sehen wir unsere Angst, Not und Pein. In Seinem Sterben sehen wir unser Sterben -unser Scheitern an uns selbst und den so unabänderlich scheinenden Verhältnissen.
Zum Glück kennen wir den Fortgang der Geschichte vom Kreuz. Auf Karfreitag folgt Ostern.
Gott will nicht das Scheitern. Er will, dass wir zu Ihm aufblicken. Von Ihm und dem Gekreuzigten lernen. Wie Er auf Ihn vertrauen und so Wege zum Leben finden in den Irrnissen und Wirrnissen unserer Zeit – auf unserem Weg durch die Wüste.
Pfarrer Peter Mücksch